Interview mit Irene Poesthorst

Vor fünf Jahren, im September 2014, sorgte der Start des Bürgerbusvereins Badbergen durchaus für Aufsehen: Im Landkreis Osnabrück war es der erste Verein, der mithilfe von Ehrenamtlichen mit einer regelmäßigen Busverbindung in einer Gemeinde eine Lücke schloss. Wie alles begann und wer den Bürgerbus heute nutzt – Antworten gibt die Vereinsvorsitzende Irene Poesthorst.

Frau Poesthorst, den Bürgerbus gibt es seit fünf Jahren. Wie fällt die Bilanz aus? Die Zeit ist wie im Fluge vergangen. Die Resonanz ist sehr gut, auch das Echo in der Bevölkerung. Mein Eindruck: Die Einwohner Badbergens möchten den Bürgerbus nicht mehr missen. Heute zeigt sich, dass es richtig war, im Jahr 2013 das Thema Mobilität für Menschen auf dem Land in den Fokus zu rücken. Was als Initiative der Landfrauen begann, führte zur Gründung des Bürgerbusvereins Badbergen. Wir waren übrigens der erste im Landkreis Osnabrück.
Anfangs war vom Geisterbus die Rede . . .Das stimmt. Wir wussten, dass wir einen langen Atem benötigen würden, bis sich der Bürgerbus – Bürger fahren für Bürger – etabliert haben würde. Sie kennen doch den Spruch, wonach der Bauer allem, was er nicht kennt, skeptisch gegenübersteht. Dass die acht Plätze im Bus unbesetzt bleiben, kommt nur noch sehr, sehr selten vor. Die Kritiker sind verstummt. Sehr geholfen hat uns während der Vorbereitung und auch nach dem Start Karl Hülsmann. Der Voltlager Busunternehmer war uns eine große Hilfe. Er stand uns mit seinem großen Erfahrungsschatz zur Seite und hat dafür gesorgt, dass wir trotz vieler Herausforderungen niemals den Mut verloren haben.
Erinnern Sie sich noch an den offiziellen Start am 15. September 2014?Ja. Wir alle waren sehr aufgeregt und angespannt. Aber wir hatten uns gut vorbereitet: Wir hatten mit einem Bus Probefahrten unternommen, ein Fahrlehrer gab uns viele Tipps. Einen Bus zu fahren ist ja etwas anderes als ein Auto.
Wer nutzt den Bürgerbus?Alle Altersgruppen: Jugendliche fahren zum Fußball- oder Sporttraining, zum Konfirmandenunterricht, Einwohner fahren zum Arzt nach Quakenbrück, zur Apotheke, zu Banken, zum Einkaufen oder sie besuchen Verwandte und Bekannte. Einige nutzen den Bürgerbus, um damit zur Arbeit zu fahren. Andere fahren einfach nur so mit, um mal wieder unter Menschen zu kommen.
Sie sind Vorsitzende des Bürgerbusvereins und auch Fahrerin. Wie oft sitzen Sie am Steuer?Meistens zweimal im Monat, mein Mann zwei- bis dreimal. Wir haben im Moment 20 Fahrer. Viele von ihnen freuen sich sogar, wenn sie mehrmals ans Steuer dürfen. Sie nehmen sich Zeit, die sie in die Gemeinschaft investieren. Wie gesagt: Alle machen es ehrenamtlich, niemand bekommt eine Aufwandsentschädigung. Ich werde immer mal wieder gefragt, warum ich den Bürgerbus fahre, wo ich doch so ungern Auto fahre . . .
Und? Warum machen Sie es?Weil es mir großen Spaß macht und ich gerne mit Menschen zusammen bin. Da kommt die Lehrerin durch . . .
An der Bereitschaft, sich ehrenamtlich einzubringen, hängt das Wohl und Weh des Bürgerbusses, oder?Das ist richtig. Wir sind immer auf der Suche nach weiteren Fahrern. Es gibt viele, die haben keine Scheu, einen Bus zu lenken. Für andere ist das eine angenehme Freizeitbeschäftigung, etwas Gutes zu tun und dabei noch in Kontakt mit Menschen zu kommen. In unserem Fahrerteam sind so viele unterschiedliche Menschen versammelt: vom Arzt über den Lehrer bis hin zum Lkw-Fahrer.
Der Fahrpreis ist seit dem Start unverändert und kostet einen Euro. Können Sie das auf Dauer durchhalten? Sie haben ja auch Kosten, die ebenfalls steigen: Treibstoff, Versicherungen, Reparaturen.Zum Glück haben wir viele treue Sponsoren, ohne die das ganze Unternehmen nicht finanzierbar wäre. Auch die Samtgemeinde Artland unterstützt uns und zahlt pro Jahr einen Zuschuss in Höhe von 3500 Euro. Die Gemeinde Badbergen hilft dem Bürgerbusverein, wenn die Ausgaben die Einnahmen übersteigen. Das war 2018 erstmals der Fall, als unsere Bilanz ein Minus von 1600 Euro auswies. Zuletzt hat sie die Erneuerung der Personenbeförderungsscheine für 15 Fahrer bezahlt. Das ist eine große Hilfe.
Ist die Erhöhung des Fahrpreises für Sie ein Thema?Nein. Es gibt viele Menschen, die mit wenig Geld auskommen müssen, da fehlt sogar der eine Euro für das Busticket. Steigt der Preis, werden vermutlich weniger Fahrgäste zusteigen.
Wie viele Fahrgäste sind seit dem 15. September 2014 zugestiegen?Bis Ende des Jahres 2018 sind 23 686 Menschen mit dem Bürgerbus gefahren. 761 Mitfahrende haben wir seit dem Start im September 2014 bis Dezember 2014 gezählt. 2015 hatten wir 4679 Fahrgäste. 2018 stiegen 5906 Bürger zu. Fast 52 000 Kilometer legte der Bus letztes Jahr zurück, inzwischen hat er gut 280 000 Kilometer gefahren.
Das klingt, als müssten Sie sich schon um einen neuen Bus bemühen.Ja, im Februar 2020 gibt es einen neuen Bus. Die Firma Hülsmann kauft uns das alte Fahrzeug ab, und unsere Kassenlage erlaubt es, den neuen Bus aus eigener Tasche zu bezahlen. Wir setzen unsere Preisgelder dafür ein, zum Beispiel den Ehrenpreis der Stadtstiftung Quakenbrück, und bekommen auch Zuschüsse von Land und Kreis.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?Gerne noch mehr Fahrgäste, weitere Fahrer und so ein gutes Team, wie es zurzeit besteht.

Bericht und Foto: Christian Geers (Bersenbrücker Kreisblatt, 04.12.2019)

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